Keuchend bleibt Sophia stehen. Irgendwie hat sie sich die Vorweihnachtszeit anders vorgestellt. Übrigens heisst Sophia gar nicht unbedingt Sophia. Ihr Name könnte ein x-beliebiger anderer Name sein. Ein hässlicher Name würde wohl besser zu ihr passen. Hildegard. Ulrike. Klothilde. Uwe. Oder so. Aber bleiben wir vorerst mal bei Sophia, denn die Geschmäcker bei schlechten Namen gehen so weit auseinander, dass wir einfach einen anderen Namen nehmen für diese Geschichte.

Da steht sie also, schweisstriefendes Gesicht und selbstverständlich hat sie noch nicht alle Geschenke. Da fehlt noch eins. Mindestens. Zumindest kann sie sich nur an ein Fehlendes erinnern, wird sich dann zu Hause die Hände an die Stirn werfen und merken, dass da noch eines gefehlt hat. Doch jetzt muss zuerst mal ein Geschenk für den Vater her.

Doch was schenkt man einem Vater? Ein Gutschein ist zu plump, ein Kasten Bier wär zwar ideal, aber da hätte die Mutter nicht so viel Freude daran. Kinogutschein? Ach, auch ein Gutschein – plump. «Vielleicht ein Pack Spaghetti?», denkt Sophia und grinst dabei. Ihr Humor war schon immer eine Sache für sich, aber wir wollen jetzt nicht abschweifen in dieser Geschichte.

Sie geht weiter. Schaufenster voller Schokolade, Pralinen, Weihnachtskreationen. Schaufenster, geschmückt mit Glitzer, mit Lampen, mit künstlichem Schnee. Alles glänzt und strahlt, eine perfekte Weihnachtsillusion, damit Leute wie Sophia möglichst viel Geld in die Kasse der Geschäfter spülen. Da eine fünfstöckige Torte aus Vanilleeis, dort ein Stand mit Glühwein und an der anderen Ecke überteuerte «Heisse Maroni» vom italienschen Mann, der um die Wette grinst, als gäbe es keinen Morgen.

Alles scheint perfekt, alle scheinen sich zu freuen. Aber, ich hoffe ihr habt es nicht schon vergessen, Sophia hat ja noch kein Geschenk für ihren Vater. «Wie wärs mit einer Flasche des besten, alten Irish Whiskeys im Laden nebenan?» Die Antwort auf diese Frage beantwortet schon ein kurzer Blick ins Portemonnaie. Sie heisst: «Nope».

So geht sie weiter. Sternchen an den Fenstern, Glitzerzeug an den Fichtenbäumen, künstlicher Schnee in den Schaufenstern. Es will einfach nicht aufhören.

Da sticht ihr plötzlich ein Geruch in die Nase und sie realisiert: Das muss sie unbedingt haben. Koste es, was es wolle – Moment! Nicht ganz. Da wäre ja noch ihr schlankes Portemonnaie. Aber lassen wir das für ein Mal. Es ist ja schliesslich schon bald Weihnachten und da soll man nicht knausrig sein. Es riecht nach Zimt. Ein Geruch, der dich verführt, in andere Welten bringt. Jaaa, es riecht so gut. Sie bleibt stehen und hat plötzlich ein perfektes Geschenk für ihren Vater. Da kann er sich selber was Tolles zusammenmischen. Ein Kaffee mit Zimtgeschmack und einem Schuss Whiskey, der ja sowieso bei ihm rumsteht.Warum also sich die Mühe machen und einen Whiskey kaufen?

Sie kramt ihr letztes Geld hervor und kauft sich die Zimt-Kräutermischung, lässt es noch hübsch einpacken. «So, das wäre mal geschafft», denkt sie sich und macht sich endlich auf den Weg nach Hause.

Eine Tasse mit heissem Kaffee, das hat sie sich jetzt verdient. Sie freut sich schon auf die strahlenden Gesichter ihrer Eltern, ihres Bruders. Gerade möchte sie sich schlafen legen, als ihr Telefon zu klingeln beginnt.

«Was fällt dir eigentlich ein, an Weihnachten nicht aufzutauchen?», klingt es aus dem Hörer.

Das Display zeigt das Datum.

27. Dezember.

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